Das Nichtraucherschutzgesetz – Interview mit einem arbeitslosen Aschenbecher

Seit dem 01.10.2007 greift in Hessen das so genannte Nichtraucherschutzgesetz. Wir haben uns mit einem ehemaligen Angestellten aus dem Gastronomiegewerbe über die Folgen des Gesetzes und seine persönlichen Perspektiven unterhalten.

Wie hat sich Ihr Leben seit dem 1. Oktober verändert?

Meine Kollegen und ich konnten uns gewissermaßen auf die neue Situation vorbereiten. Es war ja bekannt was da kommen soll. Bereits im Juni diesen Jahres wurden Gespräche mit allen Mitarbeitern geführt um eine korrekte Sozialauswahl zu treffen. Im August wurden dann 2/3 der Kollegen betriebsbedingte Kündigungen durch die Anwälte des Chefs (gemeint ist der Wirt; Anm. der Red.) zugestellt. Auch mir. Seit dem bin ich nunmehr arbeitslos. Die anderen arbeiten jetzt im Freien, vor der Kneipe. Einige von ihnen aber auch nur Teilzeit, da man den Bedarf nicht so recht abschätzen kann.

Haben Sie nicht versucht, sich gegen eine solche Kündigung zu wehren?

Es haben Gespräche mit der Gewerkschaft und Anwälten stattgefunden. Ich habe Kündigungsschutzklage eingereicht. Der betriebsbedingten Kündigung muss ja eine „unternehmerische Entscheidung“ zu Grunde liegen. Dies ist nicht der Fall. Es war ja nicht die Entscheidung des Wirtes, sondern des Landtags. Ich sehe hierin mithin einen Eingriff in mein Recht zur freien Wahl des Arbeitsplatzes. Im Übrigen ist das Gesetz viel zu unbestimmt. Was soll das denn alles heißen? „Abgetrennter Raum“ soll ein Raum ohne ständigen Luftaustausch mit dem Hauptraum sein. Die Ordnungsämter messen nun die Türspalte an allen Raucherräumen nach. Aberwitzig.

Sind Sie Ihrem Chef böse?

Nein. Er kann ja nichts dafür. Es ist klar, das er nicht mehr alle bezahlen kann – es kommen ja nur noch die 50 % der Gäste. Er selbst klagt ja auch gegen das Gesetz, da er sagt, dass das einen Eingriff auch in seine Rechte darstellt. Er dürfe nunmehr in seinem eigenen Eigentum (der Wirt ist auch Eigentümer der Gaststätte, Anm. d.Red.) nicht mehr entscheiden, was man da machen darf und was nicht. Auch würde das einen Eingriff in seine Berufsfreiheit darstellen, der nicht gerechtfertigt sei, da sich der Gast ja aussuchen könne, ob er in eine Raucher- oder in eine Nichtraucherkneipe geht.

Sie sind also eigentlich auf den Landtag sauer?

Ja. Es ist doch so: Kaum ein Markt reguliert sich derartig von Innen wie die Gastronomie. Habe ich ein Konzept das keiner will, mache ich pleite. Würde die Nachfrage nach Nichtraucherkneipen also groß genug sein, würde sie es auch geben. Im Moment hat man doch nur versucht für Menschen mitzudenken, die das anscheinend nicht wollen. Leidtragende sind wie immer die kleinen Becher.

Natürlich auch die Wirte, da die Leute zunehmend nach dem essen direkt wieder verschwinden und nicht mehr noch auf 3-4- Bierchen bleiben. Mit den Getränken hat man doch das eigentliche Geld verdient. Bei dem Essen ist die Gewinnspanne zu gering. Aber uns geht immer noch besser als den Wasserpfeifen. Wer stellt sich schon mit ner Wasserpfeife auf die Straße. Für die ist alles aus. Ein ganzer Berufszweig ist weg. Da zahlt man wie bescheuert den Kohlepfennig in Milliardenhöhe für ein paar hundert Kumpels und hier sagt keiner was.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren alten Kollegen? Wie ergeht es denen mit der neuen Situation?

Selbstverständlich stehen wir in engem Kontakt. Ich glaube viel Spaß haben die nicht mehr. Hatten man doch früher einen Job in der Mitte einer jeden Runde, wurde regelmäßig geputzt und immer hat sich jemand nach einem bei der Bedienung erkundigt war man mal nicht da, so steht man jetzt draußen vor der Tür in der Kälte und hat kaum noch Kontakt zu den Leuten. Gerade in dieser Jahreszeit ist das Risiko der Erkrankung wahnsinnig hoch. Der Krankenstand hat sich nahezu verdoppelt.

Gab es schon Fälle in denen sich über das Rauchverbot hinweggesetzt wurde?

Ja. Konkurrenten schicken regelmäßig Leute vorbei die das Tun. So sollen Bußgelder für den Wirt provoziert werden. Man hat hier wohl einen einfachen weg gefunden, wie man Mitbewerber aus dem Markt drängen kann.

Wie sieht Ihre persönliche Zukunft aus?

Ich mache gerade eine Umschulung zur Nasentropfenflasche. Da Gäste wie ehemalige Kollegen sich regelmäßig Erkältungen vor der Tür holen, scheint dies ein krisensicherer Job zu sein. Das nenn ich mal einen Raucherhusten. Ich hoffe, dass ich Anfang nächsten Jahres einen Job gefunden habe. Noch sind die Flaschen Wegwerfprodukte, aber der Landtag ist gerade dabei eine Pfandpflicht einzuführen.

Und die Ihres Chefs ?
Man plant jetzt wohl an zwei bis drei Tagen in der Woche Privatpartys zu veranstalten – für Stammgäste. Dann wäre die Kneipe an diesen Tagen wohl kein öffentlicher Raum im Sinne des Gesetzes und man könne wieder rauchen. Ich hoffe das sich so die Umsatzeinbußen eindämmen lassen – und wer weiß, vielleicht findest sich dann auch wieder ein Platz für mich.

Wir bedanken uns für dieses Gespräch.